Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Forderung gegen jemanden, der einfach vom Erdboden verschluckt zu sein scheint – keine Adresse, keine Anhaltspunkte. Die Suche nach dem Schuldner gleicht einer Detektivarbeit, nur dass Ihr Gegenspieler nicht Moriarty, sondern das deutsche Zustellrecht ist. Was nun? Die Antwort liegt in der öffentlichen Zustellung und den damit verbundenen Herausforderungen.

Das Dilemma der verschwundenen Schuldner

Die Adresse eines Schuldners zu kennen, ist Gold wert, wenn es um das Eintreiben einer Forderung geht. Ohne sie stehen Sie vor einer Mauer: Rechnungen, Mahnungen und gerichtliche Dokumente finden keinen Empfänger. In solchen Fällen winkt die öffentliche Zustellung – eine Art Flaschenpost im Meer der Justiz, mit der Hoffnung, dass sie irgendwann den Richtigen erreicht.

Doch halt! Bevor Sie diesen Weg einschlagen, verlangt das Gesetz von Ihnen, Sherlock Holmes zu spielen: Sie müssen jede Spur verfolgen, jeden Stein umdrehen, um den Aufenthaltsort Ihres Schuldners zu finden. Erst wenn alle Stricke reißen, dürfen Sie den Brief sozusagen an die große Glocke hängen.

Warum die Zustellung so eine große Rolle spielt

Die Zustellung ist nicht nur ein formaler Akt, sie ist der Startschuss für das rechtliche Gehör. Wenn Sie nicht alle Zumutbaren Nachforschungen angestellt haben, könnte Ihre öffentliche Zustellung schneller ungültig sein als Sie „Verjährung“ sagen können. Und genau hier wird’s brenzlig: Die Verjährungsfrist schläft nicht, nur weil Sie die Adresse Ihres Schuldners nicht finden können.

Die rettende Erkenntnis des OLG Brandenburg

Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG Brandenburg 14.6.23, 4 U 93/22) hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und Licht ins Dunkel gebracht. Es dreht sich alles um die Frage: Was passiert mit der Verjährungsfrist, wenn der Gläubiger die Adresse des Schuldners nicht kennt oder sie aus den Augen verloren hat?

Die Antwort könnte für viele Gläubiger ein Grund zum Aufatmen sein: Verlieren Sie die Spur Ihres Schuldners, weil dieser umgezogen ist und sich nicht gemeldet hat, startet die Verjährungsfrist erst, wenn Sie die neue Adresse herausfinden. Das Gericht macht klar: Die Verjährung macht eine Pause, solange Sie im Dunkeln tappen.

Ein praktisches Beispiel

Nehmen wir an, Sie haben eine Bürgschaftsforderung, weil der Hauptschuldner pleite ist. Sie versuchen, den Bürgen zur Kasse zu bitten, aber dieser ist spurlos verschwunden. Nach einigen Detektivarbeiten und einem Hauch von Glück finden Sie die neue Adresse in der Schweiz. Obwohl die Zustellung der Klage gefühlt eine Ewigkeit dauert, tickt die Verjährungsuhr nicht weiter, solange Sie aktiv nach dem Schuldner suchen und die Klage schließlich zugestellt wird.

Was das für die Praxis bedeutet

Diese Entscheidung ist ein Gamechanger. Sie bedeutet, dass Sie als Gläubiger nicht in Panik verfallen müssen, wenn Ihr Schuldner sich in Luft auflöst. Sie müssen zwar nach wie vor alle Hebel in Bewegung setzen, um die Adresse zu finden, aber solange Sie das tun, hält die Verjährungsfrist inne. Keine Hexerei, sondern gutes altes deutsches Recht.

Fazit

Weggezogene Schuldner können für Gläubiger eine echte Herausforderung sein. Doch dank der Weisheit des OLG Brandenburg gibt es nun eine klare Linie: Die Verjährung hält inne, bis Sie die neue Adresse Ihres Schuldners in den Händen halten. Ein kleiner Lichtblick in der oft nebulösen Welt der Forderungseinziehung.

Kommen Sie auf uns zu, wir helfen gerne!