Wenn es darum geht, offene Forderungen und rechtliche Ansprüche durchzusetzen, spielen Vollstreckungsverfahren eine zentrale Rolle. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland gibt es dafür klare Regeln und Abläufe. Doch obwohl die Nachbarländer viele Gemeinsamkeiten haben, unterscheidet sich die Zwangsvollstreckung in Österreich in einigen Punkten von der deutschen Variante. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die Besonderheiten der österreichischen Zwangsvollstreckung und zeigt auf, was bei der Vollstreckung deutscher Titel in Österreich zu beachten ist.
Die rechtlichen Grundlagen
Die Exekutionsordnung (EO) bildet in Österreich die Basis für die Zwangsvollstreckung. Sie regelt, wie Ansprüche aus Gerichtsurteilen und anderen vollstreckbaren Titeln durchgesetzt werden können. Die EO definiert zunächst, welche Titel überhaupt vollstreckbar sind. Dazu gehören insbesondere gerichtliche Entscheidungen wie Urteile und Beschlüsse, aber auch bestimmte notarielle Urkunden und Verwaltungsakte. Weiterhin legt die EO fest, welche Vermögenswerte des Schuldners in welcher Reihenfolge herangezogen werden können, um die Forderung des Gläubigers zu befriedigen. Grundsätzlich hat der Gläubiger die Wahl zwischen der Fahrnisexekution (Pfändung beweglicher Sachen), der Forderungsexekution (Pfändung von Geldforderungen) und der Immobilienexekution (Vollstreckung in Grundstücke und Immobilien).Die EO regelt auch die Befugnisse und Pflichten des Gerichtsvollziehers, der für die praktische Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen zuständig ist. Er darf beispielsweise die Wohnung des Schuldners betreten und Vermögensgegenstände pfänden. Schließlich enthält die EO Bestimmungen zum Schutz des Schuldners. So dürfen bestimmte Vermögenswerte wie unpfändbare Gegenstände des persönlichen Bedarfs nicht gepfändet werden. Auch die Höhe des pfändbaren Einkommens ist begrenzt, um das Existenzminimum des Schuldners zu sichern. In Deutschland hingegen finden sich die Vorschriften zur Zwangsvollstreckung im achten Buch der Zivilprozessordnung (ZPO).Daneben spielen auch EU-Verordnungen eine wichtige Rolle, vor allem bei grenzüberschreitenden Fällen. Der Europäische Vollstreckungstitel erleichtert beispielsweise die Vollstreckung von Titeln zwischen den Mitgliedsstaaten.
Der Ablauf der Zwangsvollstreckung
Österreich: Der Exekutionsantrag
Um in Österreich die Zwangsvollstreckung zu starten, muss der Gläubiger einen Exekutionsantrag beim zuständigen Bezirksgericht einreichen. Darin legt er den vollstreckbaren Titel vor und gibt an, welche Vollstreckungsmaßnahme er wünscht. In Österreich entscheidet der Gläubiger selbst, welches Exekutionsmittel er beantragt. Es können auch mehrere Maßnahmen gleichzeitig beantragt werden.
Deutschland: Der Vollstreckungsantrag
Auch in Deutschland muss der Gläubiger die Zwangsvollstreckung beantragen, und zwar beim Vollstreckungsgericht am Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners. Der Antrag muss den zu vollstreckenden Titel enthalten und die gewünschte Vollstreckungsart bezeichnen. Anders als in Österreich gibt es in Deutschland eine gesetzlich festgelegte Reihenfolge der Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Vollstreckungsmaßnahmen im Überblick
Österreich: Fahrnisexekution und Forderungsexekution
Die häufigste Vollstreckungsmaßnahme in Österreich ist die Fahrnisexekution. Sie entspricht der deutschen Vollstreckung in das bewegliche Vermögen. Der Gerichtsvollzieher pfändet dabei Gegenstände des Schuldners, um sie anschließend zu verkaufen oder versteigern zu lassen. Der Erlös dient dann zur Befriedigung der Forderung des Gläubigers. Eine weitere Möglichkeit ist die Forderungsexekution. Hierbei werden Geldforderungen des Schuldners gegenüber Dritten (z.B. Lohn- oder Kontoforderungen) gepfändet und an den Gläubiger überwiesen. Dies entspricht der Pfändung von Forderungen in Deutschland.
Österreich: Immobilienexekution
Zur Vollstreckung von Geldforderungen kann in Österreich auch in Grundstücke und Immobilien vollstreckt werden, und zwar durch Begründung eines Pfandrechts, Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung. In Deutschland gibt es vergleichbare Maßnahmen wie die Zwangshypothek und die Zwangsversteigerung von Immobilien.
Ausländische Titel vollstrecken: So geht’s
Bei grenzüberschreitenden Fällen ist die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel ein wichtiges Thema. Innerhalb der EU wird dies durch Verordnungen wie die EuGVVO (Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung) erleichtert.
Deutsche Titel in Österreich vollstrecken
Die Zwangsvollstreckung in Österreich folgt eigenen Regeln, auch wenn es darum geht, deutsche Titel zu vollstrecken. Um einen deutschen Titel in Österreich zu vollstrecken, muss er dort vollstreckbar sein. Das heißt, er muss mit österreichischem Recht vereinbar sein und das zugrundeliegende Verfahren muss den österreichischen Standards entsprechen. Ist das der Fall, kann die Vollstreckung direkt bei einem österreichischen Gericht beantragt werden. Manchmal ist zusätzlich eine Bescheinigung nach Art. 53 EuGVVO erforderlich, die bestätigt, dass der deutsche Titel in Österreich vollstreckbar ist. Diese Regelungen sind wichtig zu beachten, wenn man die Zwangsvollstreckung in Österreich auf Basis eines deutschen Titels anstrebt.
Österreichische Titel in Deutschland vollstrecken
Auch österreichische Titel können in Deutschland vollstreckt werden. Dafür ist in der Regel ein Anerkennungsverfahren nötig, bevor die eigentliche Vollstreckung beginnen kann. Bei Titeln, die bereits als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt sind, entfällt dieses Verfahren jedoch.
Die Kosten der Vollstreckung
Sowohl in Österreich als auch in Deutschland fallen bei der Zwangsvollstreckung Kosten an, und zwar für Gericht, Gerichtsvollzieher und eventuell auch für Anwälte. In Österreich richten sich die Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG), während die Gerichts- und Vollzugskosten im Gerichtsgebührengesetz (GGG) und Vollzugsgebührengesetz (VGebG) geregelt sind. Die Höhe der zu vollstreckenden Forderung dient meist als Bemessungsgrundlage. Auch in Deutschland fallen Gerichtskosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und Kosten für den Gerichtsvollzieher nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) an. Hinzu kommen gegebenenfalls Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).Grundsätzlich muss der Gläubiger die Kosten der Vollstreckung zunächst selbst tragen. Bei erfolgreicher Durchsetzung der Forderung können sie jedoch dem Schuldner auferlegt werden.
Fazit: Beratung ist wichtig
Die Zwangsvollstreckung in Österreich und Deutschland weist einige Unterschiede auf, auch wenn es viele Parallelen gibt. Unterschiede zeigen sich etwa beim Ablauf des Verfahrens oder den anzuwendenden Rechtsgrundlagen. Gerade bei grenzüberschreitenden Fällen ist es wichtig, sich mit den Regelungen des jeweiligen Landes vertraut zu machen. Insbesondere die Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel müssen beachtet werden. Da die Materie komplex ist, empfiehlt es sich in jedem Fall, einen erfahrenen Anwalt zu Rate zu ziehen. So lassen sich Fehler vermeiden und die Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung der Forderung erhöhen. Mit der richtigen Vorbereitung und Beratung kann die Zwangsvollstreckung in Österreich und Deutschland effektiv genutzt werden, um offene Ansprüche zu realisieren.
Melden Sie sich bei uns – wir helfen gerne!