Das deutsche Vertragsrecht ist komplex und vielschichtig. Zwei Begriffe, die immer wieder auftauchen und für jeden relevant sind, der mit Verträgen zu tun hat, sind Fälligkeit und Verzug. Beide Konzepte beeinflussen maßgeblich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien und haben weitreichende rechtliche Konsequenzen.
Fälligkeit: Die Grundlage jeglicher Zahlungspflicht
Die Fälligkeit definiert den Moment, in dem eine vertragliche Leistung – häufig eine Zahlung – erbracht werden muss. Es handelt sich dabei um einen entscheidenden Zeitpunkt im Lebenszyklus eines Vertrags.
Laut § 271 Abs. 1 BGB ist eine Leistung grundsätzlich sofort nach Vertragsabschluss fällig, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde. Interessanterweise ist hierbei eine formelle Rechnung nicht zwingend notwendig, um die Fälligkeit zu begründen.
Beispiel 1: Anna verkauft Martin ihr altes Klavier. Ohne formelle Rechnung wird beim Übergabetermin die Zahlung fällig.
Beispiel 2: Ein Handwerker führt Arbeiten durch und erwartet, wie vereinbart, die Zahlung unmittelbar nach Fertigstellung. Eine Rechnung kann, muss aber nicht zwingend, als Zahlungsaufforderung dienen.
Beispiel 3: Ein Grafikdesigner entwirft ein Logo. Die Parteien vereinbaren eine Anzahlung und eine Schlusszahlung. Die Schlusszahlung wird bei Übergabe der Endversion fällig.
Verzug und die Feinheiten des § 286 BGB
Wenn der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht rechtzeitig erbringt, gerät er in Verzug. Dieser Verzug tritt nicht immer automatisch ein. Die Regelungen des § 286 BGB sind hierbei besonders aufschlussreich.
Nach Absatz 3 des § 286 BGB tritt der Verzug ein, wenn der Schuldner nicht binnen 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Bei Verbrauchern muss jedoch explizit in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung auf diese Folge hingewiesen werden.
Beispiel 4: Claudia kauft ein Buch in einem Online-Shop. Die Rechnung weist sie darauf hin, dass bei Nichtzahlung nach 30 Tagen Verzug eintritt. Zahlt sie nicht rechtzeitig, tritt automatisch der Verzug ein.
Beispiel 5: Ein Restaurant beauftragt einen Lieferdienst für Zutaten. Ein festgelegtes Zahlungsdatum wird überschritten. Das Restaurant gerät, auch ohne Mahnung, in Verzug.
Beispiel 6: Max mietet ein Auto. Er versäumt die pünktliche Rückgabe und erhält eine Mahnung. Mit dieser Mahnung gerät er bezüglich der zusätzlichen Mietkosten in Verzug.
Vertiefung: Weitere Aspekte von Verzug
Der Verzug hat verschiedene Facetten und kann auf unterschiedlichen Wegen eintreten:
- Verzug durch Mahnung: Die wohl bekannteste Art, den Verzug herbeizuführen. Eine deutliche Mahnung stellt klar, dass der Schuldner in Verzug ist.
- Verzug durch Zeitablauf: Wenn ein festes Datum als Zahlungstermin bestimmt ist und dieser verstrichen ist, ohne dass gezahlt wurde, tritt der Verzug auch ohne Mahnung ein.
- Verzug durch Verweigerung: Ein explizites Verweigern der Zahlung, obwohl die Zahlungsfähigkeit besteht, führt ebenfalls zum Verzug.
Verzug und seine Konsequenzen
Der Verzug hat nicht nur rechtliche, sondern auch finanzielle Konsequenzen. Der Gläubiger kann Verzugszinsen verlangen, deren Höhe im BGB festgelegt ist. Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Bei Beteiligung eines Verbrauchers sind es fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
Abschließende Gedanken
Fälligkeit und Verzug sind zentrale Konzepte im deutschen Vertragsrecht, die sowohl für Gläubiger als auch für Schuldner von entscheidender Bedeutung sind. Ein tiefgehendes Verständnis dieser Begriffe ist nicht nur für Juristen, sondern auch für Unternehmer und Verbraucher unerlässlich. Bei rechtlichen Fragestellungen und Herausforderungen sollte stets ein Experte hinzugezogen werden, um die besten Entscheidungen im Licht des geltenden Rechts zu treffen.